Berichte

25.07.2006 VTK Reinach

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Mitglieder des VTK Reinach in Schweden

Eindrücke vom Besuch des Nordlek 2006, 25. – 30. Juli

Nordlek heisst das grosse nordische Tanzfestival, das alle drei Jahre turnusweise in Dänemark, Schweden, Finnland oder Norwegen stattfindet. Vor drei Jahren kehrte ich von Næstved (DK) so begeistert heim, dass mein Reiseziel für diesen Sommer, Göteborg, schon feststand.

Rund 4'200 Tanzfreudige und Musiker aus allen Ländern fanden sich zum Treffen ein. Wir 8 vom VTK Reinach und 2 von der Basler Volkstanzgruppe waren gar nicht die einzigen Schweizer; es kamen auch (Heimweh-) Nordländer von weither, z.B. Kanada oder den USA. Schon am Montagabend (24. Juli) wurde getanzt, am Dienstag begannen auch bereits die Kurse. Auf einer Busrundfahrt liessen wir uns Göteborg zeigen und erfuhren geschichtliches zu bedeutenden Gebäuden und Plätzen. Abends fand die offizielle Eröffnung statt, bei Prachtswetter im grossen Park des botanischen Gartens. Der Platz vor der Schaubühne war voller Leute in allerschönsten Trachten. Nach dem Einmarsch der Fahnen und Liedervorträgen zeigten Gruppen aus Dänemark, Norwegen, Island, Finnland und Schweden ihre Tänze. Dazwischen führten Gruppen mit Ballkostümen historische Tänze auf und Jugendsektionen in diversen Kostümen zeigten ihr Können. Die jungen Göteborger tanzten die Västgötapolska perfekt. Nach dieser malerischen Vorstellung begannen die tänzerischen Aktivitäten in der schwedischen Messe Göteborg, dem Zentrum des Treffens.

Jeden Abend gab es zwischen 19 und 01 Uhr auf zwei grossen Tanzbahnen angeleitete oder freie Tänze aus den verschiedenen nordischen Nationen, aufgeteilt in 1 1/2-stündige Einheiten. Daneben gab es spezielle Workshops für Jugendliche oder für geistig Behinderte, Treffen für Musiker und Instrumentenbauer. Ferner wurden auch Konzerte oder spezielle Auftritte geboten. Wir bekamen einen kleinen praktischen Führer, dem wir entnehmen konnten, was wann wo los war. 

Wer um 01 Uhr noch nicht genug hatte, konnte nach einem 10-minütigen Fussmarsch im Exerzitienhaus weitertanzen, bis halb zwei Uhr waren Musiker organisiert, danach konnte musizieren, wer Lust hatte und tanzen konnte man, solange jemand spielte… und so kamen wir drei, die im Schulhaus einquartiert waren (übrige im Hotel), immer später ins Bett, denn im Schulhaus wurde meist auch noch Musik gemacht bis in die Morgenstunden, man hatte noch einen Schwatz im Gang bei Kaffee oder Bier – einmal wurde ich von norwegischen Zimmerkollegen um halb fünf Uhr zu einem Schnäpschen eingeladen – und niemand reklamierte! Tagsüber konnte man zwischen 10 und 12 Uhr bzw. 13 – 15 / 15 – 17Uhr  Tänze lernen. Mich interessierten vor allem der finnische Tango (von allen Tango-Arten die schönste Variante) und der norwegische Pols – nicht leicht, aber sooo schön, auch die Musik dazu.

Es gab auch Ausstellungen über Trachten und Handwerk, Werkkurse, Kurse für Musiker und Ausflüge. Bezüglich letzteren bekamen wir allerdings keinen Platz mehr auf dem gewünschten Bootsausflug nach Marstrand in den nördlichen Schären, doch entschieden wir uns für eine Fahrt in die nahe gelegenen südlichen Schären, zu denen öffentliche Kursboote hinausfuhren. Mit unseren Nordlek-Ausweisen konnten wir das gesamte Göteborger Verkehrsnetz gratis benutzen, so auch diese Boote. Es wurde ein herrlicher, unvergesslicher Tag. Zum Glück hatte ich das Badkleid dabei, ein Bad im Meer war bei diesem Sommerwetter richtig erfrischend, das Wasser für nordische Breitengrade geradezu warm. Eine feine Glacé bei einem Kaffeehalt auf einer anderen Insel krönte unseren Ausflug. Abends genossen wir in einer Kirche ein Nachtkonzert einer dänischen Jugendmusikgruppe. Was faszinierte wohl mehr: das musikalische Können oder das Feuer, die Begeisterung mit der die vielen Jugendlichen musizierten? Die Vorstellung war fantastisch lebendig.

Die Tage vergingen im Flug, ohne dass wir dazugekommen waren, den Liseberg-Park, einer der grössten Vergnügungsparks Skandinaviens, zu besuchen; dabei lag er genau neben der Messe. So nutzten wir den Samstagnachmittag, uns den romantischen Park ein wenig anzusehen, und ich genoss die rasante Fahrt auf der grossen Achterbahn. Danach begab sich alles ins Stadion, wo das Ende des Treffens mit einer grossen Schlussvorstellung gefeiert wurde. Jede Nation trat mit allen anwesenden Gruppen auf; die „Vi-kan“-Gruppen, die gut zur Hälfte aus Behinderten bestanden, gaben einen ganz erstaunlichen Extra-Auftritt. Wir konnten nur staunen, wie viele Tänzer und Tänzerinnen da mitmachten, wie viele musizierten, was für schöne Trachten sie trugen und was für  zum Teil anspruchsvolle Choreographien zum besten gegeben wurden. Mit dem Abmarsch der Fahnen ging es dann zurück in die Messehalle. Dort gab es mehr Bühnen als sonst, auf denen man tanzen konnte. Gegen Mitternacht setzte die junge Göteborger Tanzgruppe mit einem fulminanten Auftritt den offiziellen Schlusspunkt des Festivals. Die Nordlek Fahne wurde feierlich an die Finnen weitergegeben. Nach dem Nachttanz blieb mir am Morgen nur noch Zeit zu duschen und zu packen vor dem Frühstück.

Den Kopf voller Geigenmusik und Gedanken begab ich mich auf die Heimreise: So viele Leute haben da getanzt, vor allem so viele junge Leute. Es waren doch alte bekannte Tänze – vielleicht gerade darum. Man liess den Jugendlichen den Übermut, die Tänze wurden schmissig, ja richtig wild getanzt. Vielleicht wäre es gut, unsere alten Tänze auch wieder hervorzuholen – ich jedenfalls habe gar nicht das Bedürfnis nach noch mehr neuen Choreographien. Warum sollte man sich aber nicht einmal mehr drehen (wenn’s reicht), etwas dynamischere Schritte machen dürfen?

Die bestellten Fotos sind mittlerweile angekommen und bieten mir willkommene Erinnerungen – oder Vorfreude? Das nächste Nordlek ist in drei Jahren, 2009, in Lahti, Finnland.

Franziska Giertz, VTK Reinach

PS: Die Fotos stammen vom Ausflug in die Schären und von der Schlussvorstellung im Stadion. Auf den Gruppenbildern fehlen Franziska Giertz und Remo Spaini.