Berichte

09.11.2008 TG Pratteln

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Singt die Toggenburger Messe von Peter Roth

60 Sängerinnen und Sänger, ein Orchester ad hoc, zwei Solistinnen und ein Sprecher haben unter der Leitung von Myrta Baur ein Werk des Ostschweizer Komponisten Peter Roth in der bis auf den letzten Platz gefüllten katholischen Kirche Pratteln zur Aufführung gebracht. Eine sehr beachtliche Leistung, die am Schluss mit langem Applaus bedacht worden ist. Beachtlich deshalb auch, weil diese Musik nicht nur aus den dem Chor vertrauten volkstümlichen Klängen besteht, sondern auch katholische und protestantische Kirchenmusik in sich vereint. Die Toggenburger Messe JUCHZED UND SINGED hat Peter Roth im Jahre 1991 für seinen Kirchenchor im Toggenburgischen Alt St. Johann zu einer ökumenischen Abendmahlsmusik geschaffen.

Zu den Streichern, Bläsern (zwei Klarinetten) und dem Organisten gesellte sich noch ein Hackbrettspieler. Der Klang dieses Toggenburger Instrumentes gab der Musik eine besondere östliche volkstümliche Färbung.

Die meisten Messen sind für den Gottesdienst komponiert. Die Teile Kyrie, Gloria, Credo, Sanctus und Agnus Dei kommen in allen katholischen Messen vor. Wenn diese konzertmässig aufgeführt werden, fehlen jedoch diejenigen gesprochenen und von der Gemeinde gesungenen Teile, welche je nach Sonntag wechseln. Peter Roth hat deshalb als Antwort der Gemeinde den 100. und 136. Psalm eingefügt: zwei Liedpsalmen, die auch in unsern Gesangbüchern stehen. Zum Abendmahl hat der Chor eine eindrückliche empfindsame Bearbeitung des 23. Psalms in Schweizer Mundart gesungen: „Du Gott bisch mi Hirt“. Der vierstimmige Chor und die jubelnde Oberstimme strahlen ein starkes Gottvertrauen aus, auch „wenn i emol dör es dunkels Tobel muess“.

Die beiden Sopranistinnen Rita Gröger und Ursula Willi haben mit glockenreiner Stimme das Kyrie, das Gloria, das Credo und das Agnus Dei eingeleitet. Dann hat der Chor eingesetzt und den altehrwürdigen Text in unsre Zeit übertragen. Hier ist das Gloria in excelsis deo zu erwähnen, welches mit der weihnachtlichen Verheissung vom Frieden auf Erden schliesst.
Das Credo bekennt, dass der göttliche Schöpfer jeden Stein, jedes Gras, jeden Bach, jeden Baum, jedes Tier und jeden Menschen, ja alles, was lebt, mit Sinn erfüllt. Diese ökologische Theologie bekommt heute, wo sich die Klimaerwärmung immer stärker negativ bemerkbar macht, Priorität. Weiter heisst es im Glaubensbekenntnis: „I glaube und vertraue dem Sohn, wo tüüf i Gottes Gheimnis wohnt. Jo dä, wo’s am Chrüz ombrocht hend, denn er hät för die Arme kämpft….“ Im 3. Vers heisst es: „I vertraue dem Geist, wo jedes Läbe i sich treit. Dä Geist, wo üs trotz allne Ängst, trotz Grenze und trotz Widerstand, jo dä, wo eus im tüfschte grund mit allne Mensche uf Erde verbindt.“ Und dann wird dazu weiter gesungen: „I vertraue de Gmeind, wo Friede und Versöhnig läbt, wo Liebi schenkt und muetig kämpft för e neui und gerechti Wält!“. Ein revolutionärer Text – gewaltlos und hoffnungsvoll!

Das Sanctus – ein fröhlicher Ländler im Dreivierteltakt –, ungewohnt für traditionelle Kirchenohren, aber überzeugend vorgetragen, hat sehr gefallen. Ebenso der Schlusschor „Juchzed und singed“, der dieser Messe den Untertitel gegeben hat. Es sind Worte aus dem 148. Psalm: Der Himmel und die ganze Schöpfung jauchzen und jubeln voll Dankbarkeit, denn Licht und Friede sind allen Menschen verheissen. Dieser Jubelchor schliesst im Pianissimo mit dem Licht im Herzen und dem Glauben, dass Gottes Friede Tränen in Freude wandeln wird.

Der Schreibende hat letzten Sonntag nicht nur die Aufgabe gehabt, als Sprecher eine Einführung zu diesem Werk zu geben, sondern auch zwischen den gesungenen Teilen die Verbindung herzustellen. Dadurch hat dieses Konzert einen gottesdienstlichen Charakter bekommen, und der Text hat an Aktualität noch hinzu gewonnen. Es ist nicht hoch genug zu würdigen, dass die Trachtengruppe unter der engagierten Leitung von Myrta Baur diese ostschweizerische Kirchenmusik auch in der Nordwestschweiz bekannt gemacht hat. Die Präsidentin der Trachtengruppe, Irène Pfistner, hat allen Mitwirkenden von Herzen gedankt, ebenso den vielen Zuhörenden.

Paul Kohler

Dieser Text in leicht gekürzter Fassung samt nachstehender Foto erschien auch im Prattler Anzeiger vom 14. November 2008. Die Foto stammt von B. Emmenegger und wurde während der Hauptprobe aufgenommen.